Mit Fußballfilmen Themen beleuchten

Jana Pause (2.v.r.) bei der Preisverleihung im Rahmen der 11mm Shortkicks Gala im Babylon. Foto: Stefanie Fiebrig/11mm

Das 18. Internationale Fußballfilmfestival 11mm fand von 12. bis 16. Mai 2022 in Berlin im Kino Babylon statt. Erstmals bei 11mm im Einsatz: die „Lernort Stadion Junge Jury“.

Am Abend der Preisverleihung durfte sich die deutsch-jordanische Ko-Produktion TALA’VISION von Murad Abu Eisheh beim Internationalen Fußballfilmfestival 11mm in Berlin gleich über zwei Preise freuen: Das Drama wurde nicht nur von der 11mm-Jury, sondern auch von unserer erstmals berufenen „Lernort Stadion Junge Jury“ mit Preis(en) bedacht.
Während die von 11mm erwählten Juror_innen wie Mariette Rissenbeek als Geschäftsführerin der Berlinale oder Antonio Leal, seines Zeichens Leiter des brasilianischen Fußballfilmfestivals Cinefoot, mit derlei Aufgaben vertraut sind, geht es Lernort Stadion mit seiner „Jungen Jury“ darum, dank einer eigenen Jury die beim Fußballfilmfestival gezeigten Werken aus einer anderen, einer jüngeren, Perspektive nicht nur betrachten zu lassen, sondern diesem frischen Urteil auch eine Stimme und dadurch Ausdruck zu verleihen. Anliegen ist es, nicht über junge Menschen zu sprechen, sondern mit ihnen ins Gespräch zu kommen.

TALA’VISION erzählt die Geschichte der achtjährigen Tala, die in einer von Krieg zerrütteten Welt Trost und Freiheit in einem verbotenen Fernseher findet, der jedoch zu einer Frage von Leben und Tod wird. Murad Abu Eishehs Spielfilm erhielt schon vor 11mm zahlreiche Auszeichnungen, darunter den Studenten-Oscar® in Gold 2021.
Als Sprecherin der „Lernort Stadion Junge Jury“ erklärte Anna Besler im Rahmen der Short Kicks-Gala des Festivals, warum die sieben Juror*innen zu ihrem Urteil kamen: „Es ist sehr schön zu sehen, wie Fußball hier als Inspiration und als mentaler Ausweg für Tala dient. Die hervorragende Machart des Films gab uns die Möglichkeit, uns in den politischen Kontext einzufühlen und eine emotionale Nähe zur Situation der Hauptfigur herzustellen. Darüber hinaus zeigt TALA’VISION eindrucksvoll, wie wichtig es ist, den Blick auf solche umkämpften Städte zu werfen bzw. ihn nie abzuwenden.“

Noch vor der Verkündung im Rahmen der Gala trafen wir uns mit Luca Hauswald (23; Münster) und Jana Pause (19; Bonn) aus der „Lernort Stadion Junge Jury“ am Kino Babylon, dem Schauplatz des Festivals unweit des grünen Rasens, den das Festival statt eines Roten Teppichs vor dem Kino ausrollt, um über ihre Jury-Tätigkeit zu sprechen.
Beide standen noch unter dem Eindruck der Festival Eröffnungsfilm TIGERS, der am Abend zuvor das Festival eröffnet hatte. Jana wünscht sich, dass „über Themen wie im Eröffnungsfilm TIGERS gesehen, also psychisches Wohlbefinden, viel mehr gesprochen wird“. Während Luca zustimmt, der „die Kraft des Sports nutzen will, um auf Themen aufmerksam zu machen“, sind wir schnell mitten drin und entdecken die Vielschichtigkeit der Tätigkeit. Luca war erstaunt, „wie viele Menschen einen Bezug zu Filmfesten hatten“ und positiv überrascht: „11mm ist mein erstes Filmfest. Für viele junge Menschen ist ein Filmfest etwas nerdiges.“ Er glaubt, dass man mit einer „Jungen Jury“ eben junge Menschen „anders ansprechen und sie so für Filmfeste begeistern kann“.

Beide sind sich einig, dass sie und ihre Generation Film und Medien anders konsumieren als ihre Eltern- oder Großelterngeneration. Sie bringen auch im Vergleich zur „großen Jury“ einen „unvoreingenommenen Blick ein“, erklärt Luca, während Jana sich erinnert, wie sie sich „in die Juryarbeit reinfuchsen musste“, indem sie eigene Kriterien entwickelte, die aus unterschiedlichen Aspekten fragten: „Was ist mir an einem Film wichtig? Vielleicht auch wichtiger als anderen.“
Die beiden hatten Freude daran, ihre Sichtweise und Expertise einzubringen. Jana wünscht sich, dass „im Kontext der Europameisterschaft, wo so viele Länder und Kulturen aufeinandertreffen, über Themen wie Rassismus oder generell Diskriminierung gesprochen werden sollte.“ Jury-Kollege Luca gab Lernort Stadion den Rat, „die wichtigen gesellschaftlichen Themen zu besprechen und so zu helfen im Gesamtkontext Sport Zusammenhänge besser zu verstehen“.

Für Lernort Stadion, entsteht durch die „Junge Jury“ eine neue Dimension der seit Jahren erfolgreichen Kooperation mit dem Internationalen Fußballfilmfestival 11mm, wo zum Beispiel im Talk-Format „Alles auf Anfang – Fußball neu interpretiert“ Lernort Stadion Geschäftsführer Birger Schmidt mit Franziska Fey (DFL Stiftung), Friederike Kächer (BMZ), Tanaka Zveushe (Stadtschüler*innenrat Wolfsburg) und Greta Budde von Union Berlin über neue Aufgaben, denen sich der Fußball abseits des Rasens stellen muss, diskutierte. Und schon fast traditionell präsentierte der Verein auch 2022 einen Film beim Festival. In diesem Jahr fiel Wahl auf Torsten Körners viel beachtete Dokumentation SCHWARZE ADLER, die gerade mit dem Grimme Preis bedacht wurde. Darin berichten mit Erwin Kostedde, der als erster Schwarzer deutscher Spieler 1974 und 1975 drei Mal zum Einsatz kam, und 13 andere afrodeutsche Fußballerinnen, wie es sich anfühlte, für Deutschland voller Stolz das Nationaltrikot zu tragen – und doch nicht richtig dazu zu gehören.

Kategorien

Projekte Unsere Arbeit